Städtepartnerschaftsverein will auch in Zukunft Menschen in der Ukraine unterstützen
RHEINE. „2023 war ein großartiges Jahr in der Städtepartnerschaftsarbeit. Das Jahr hat uns sehr gefordert und zu einer rekordverdächtigen Anzahl von Begegnungen zwischen den Menschen in den Partnerstädten geführt“, sagte Reiner Wellmann, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins Rheine, in der Jahreshauptversammlung am Wochenende in der Stadthalle. Viele Mitglieder waren erschienen, um den Rückblick auf das vergangene Jahr und den Ausblick auf die Ereignisse in 2024 zu hören. Ferner standen Vorstandswahlen auf der Tagesordnung. Zutiefst gerührt nahmen die Anwesenden einen Bericht der 17-jährigen Ukrainerin Daria Kushnirenko und von Irina Lebsack zur Kenntnis.
„Sie stehen für die Beziehungen zu unseren Städtepartnern Borne, Bernburg, Leiria und Trakai. Da sind sie eine feste Größe“, sagte stellvertretender Bürgermeister Fabian Lenz in seinem Grußwort. Durch das Engagement des Vereins bekämen Menschen aus den Partnerstädten ein Gesicht für alle Rheinenserinnen und Rheinenser. „Wir erfahren einiges über diese Städte und was die dort lebenden Menschen beschäftigt und umtreibt. Wir können sie kennenlernen und das schafft Nähe, Verständnis und Freundschaften. Da wirkt Ihr Verein wie ein Multiplikator. Und das ist in diesen gerade beschriebenen Zeiten und im Jahr der Europawahl von besonderer Bedeutung“, sagte Lenz weiter. Reiner Wellmann dankte dem stellvertretenden Bürgermeister und der Verwaltung für ihre Unterstützung. Ohne diese wäre die Arbeit des Vereins nicht in diesem Umfang möglich.
Den Jahresrückblick nahm zum großen Teil ein Rückblick auf die zahlreichen Aktivitäten zum 40jährigen Jubiläum mit der Partnerstadt Borne ein. Gerd Cosse zeigte einen Videobeitrag, in dem die vielen gemeinsamen Veranstaltungen noch einmal in Erinnerung gerufen wurden. Mit Leiria (Portugal) gab es erneut den Schüleraustausch. Ferner waren sechs Praktikanten der Escola Secundaria de Francesco Lobo in Rheine zu Gast. Auch in diesem Jahr ist der Städtepartnerschaftsverein aktiv und unterstützt die Unterbringung und Suche nach Praktikumsstellen. Reiner Wellmann dankte allen Firmen, die Praktikanten aufgenommen hatten. Ferner der Stadt Rheine, den Technischen Betrieben, der EWG und insbesondere der Kreishandwerkerschaft.
Aus Trakai hatte der Städtepartnerschaftsverein im vergangenen Jahr die „Geburtshelfer“ der Partnerschaft, Nijole Miskinite und Jonas Kriauciunas eingeladen. Sie hatten sich von der aktiven Arbeit zurückgezogen. Die Stadt Rheine und der Städtepartnerschaftsverein würdigten ihr Engagement in einer Feierstunde. Aus Bernburg war die neue Oberbürgermeisterin Sonja Ristow mit einer Delegation zu den Rheine-Bernburg-Tagen angereist. Unterm Strich ein arbeitsintensives Jahr mit sehr vielen Begegnungen.
Bei den Vorstandswahlen gab es nur einstimmige Ergebnisse. Reiner Wellmann wurde für weitere zwei Jahre in seinem Amt bestätigt. Ebenso Schatzmeisterin Ingrid Brauer, die Beisitzer Gerd Cosse und Winfried Hülsbusch. Neu gewählt wurde Ildefons Kirfel. Er wird sich künftig insbesondere um den Schüleraustausch mit Leiria kümmern. Nicht wieder zur Wahl stand Johann Stoffers. Reiner Wellmann dankte ihm für sein Engagement in den vergangenen acht Jahr in vielen Bereich der Städtepartnerschaften. Neuer Kassenprüfer wurde Udo Bonk.
Die Mitgliederzahl ist im vergangenen Jahr durch elf Neueintritte auf 264 gestiegen. Die Versammlung gedachte der verstorbenen Mitglieder Elfriede Erben, Herbert Büscher, Theresia Weichel, Winfried Wewer und Udo Mollen in einer Gedenkminute. Der Kassenbericht von Ingrid Brauer zeigte eine gesunde Finanzstruktur. Der Verein förderte den Jugendaustausch mit Leiria mit 3000 Euro. Das Spendenvolumen für die Ukraine belief sich auf runde 16000 Euro. Damit wurden auch die Hilfen für traumatisierte und verletzte Kinder direkt vor Ort unterstützt.
Was das konkret bedeutet, das berichteten die Ukrainerinnen Irena Lebsack und ihre 17jährige Nichte Daria Kushnirenko in kurzen Vorträgen. Lebsack dankte für die vielen Unterstützungen in Nikolajew, Odessa und Charkiw. „Es gibt sehr viele Menschen, die keine Gelegenheit hatten, vor Bomben und den Raketen zu flüchten“, berichtete sie. Viele Kinder seien traumatisiert und litten unter psychischen Problemen. Sie sei im Alter von 14 Jahren wegen des Krieges gezwungen gewesen, ihre Heimat zu verlassen, sagte Daria Kushnirenko. „Wir haben hier traurige Momente erlebt, als eine Rakete in meiner Stadt einschlug und glückliche, als ich Weihnachten verkündete, dass ich die Zentralprüfungen an meiner Schule bestanden hatte“, sagte sie. Ein großer Teil ihrer Freunde sähen genau wie sie ihre Zukunft in Deutschland. „Wir sind dankbar dafür, ein warmes und angenehmes Zuhause zu haben, wo wir wissen, dass wir sicher sind. Wir sind glücklich darüber, viele Deutsche kennengelernt zu haben, die ein großes Herz haben und definitiv zu unserer zweiten Familie geworden sind“, schilderte sie weiter. Längst war es im Saal mucksmäuschenstill, als sie weiter erläuterte: „Alle Menschen aus der Ukraine sind unendlich dankbar dafür, dass sie in solch schwierigen Zeiten die zweite Chance bekommen haben, unser Leben vor dem Krieg zu retten und ein neues Leben zu beginnen, wo wir frei und sicher sind“. Die Mitglieder des Vereins spendeten anerkennenden Beifall. Und der Städtepartnerschaftsverein wird seine gezielten Unterstützungen kleinerer Projekte auch in Zukunft ganz sicher fortsetzen.
Bernd Weber stellte abschließend gemeinsame Aktivitäten im Vorfeld der Europawahl vor, die die Europa-Union Steinfurt, die Gesellschaft für Sicherheitspolitik und der Städtepartnerschaftsverein organisieren und durchführen. So ist unter anderem eine „Lange Europanacht“ in Kneipen und Kultureinrichtungen am 4. Mai geplant.