„Einmal – aber nie wieder“

Jugendliche aus Borne und Rheine besuchten im Jahr 2021  Gedenkstätte Bergen-Belsen

Die Stiftung „De 3 Kearls“ in Borne hatte gemeinsam mit dem Städtepartnerschaftsverein der Stadt Rheine Ende Oktober 2021 Jugendliche aus Borne und Rheine zu einer Gedenkstättenfahrt in das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen eingeladen. An einem sonnigen Herbsttag fanden die Jugendlichen einen heute friedlichen Ort vor, der nach und nach die Gräuel der Vergangenheit offenbarte. Bis zu 52.000 Menschen sind an diesem Ort im Raum Hannover ums Leben gekommen.

Erste Station in Bergen-Belsen waren die Bahngleise, auf denen die Häftlinge während der Deportationen ankamen. Vor dort mussten sie weiter in Richtung KZ zu marschieren. Niederländische und deutsche Jugendliche stehen jetzt gemeinsam vor einem einzelnen Zugwaggon. Der Waggon ist nicht groß, er fällt dennoch direkt ins Auge. Im Inneren sind Vierecke mit weißer Farbe auf den Boden gezeichnet, die weniger als einen Quadratmeter groß sind. Sie markieren den Platz, der für einen Häftling bestimmt war. Die Schüler stellen sich in die Mitte der Vierecke, schauen an sich herab und stellen fest, wie wenig Platz in diesem Waggon für 150 Menschen gewesen sein muss.

Die Stimmung ist sehr gedrückt, als alle zusammen zum Gedenkstein von Anne und Margot Frank gehen, um einen Kranz niederzulegen. „Einmal, aber nie wieder“ steht in Deutsch und Niederländisch („Eens mar noit weer“) auf der Schleife. Darunter: „Jeugd Borne und Jugend Rheine“. Andre Schaper berichtet über die Parallelen im Leben der Anne Frank und der jungen Ilse de Beer, einer Rheinenserin, die die Nazis nach Bergen-Belsen verschleppten. Ilse de Beer war nur vier Tage jünger als Anne Frank. Die Rheinenserin ist 1941 von den Nazis in Riga ermordet worden. Anne Frank war nach ihrem zweijährigen Versteck in einem Amsterdamer Hinterhaus erst in das Konzentrationslager nach Auschwitz und dann nach Bergen-Belsen gekommen. Hier kam sie im Frühjahr 1945 ums Leben. Die Gruppe gedenkt der Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes an den Juden und den Opfern des Weltkrieges in einer gemeinsamen Schweigeminute.

„Wir feiern nicht nur gemeinsam, wir gedenken auch gemeinsam“, sagte Clemens Schöpker, Vertreter des Städtepartnerschaftsvereins Rheine. Für die Schülerinnen und Schüler war die Fahrt kostenlos, vollständig finanziert von der niederländischen Seite. „Im Namen der Stadt Rheine möchte ich mich für Ihr Engagement und die vollständige Übernahme der Kosten bedanken“, sagte Rheines stellvertretende Bürgermeisterin Birgitt Overesch, die die jungen Menschen an diesem Tag begleitete.


Im Rückreisegepäck: Viele Erinnerungen

2019 Gedenkstättenfahrt nach Bernburg und Magdeburg

Schon der alte Goethe wusste: „Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reise.“ Vielleicht mit diesem Hintergedanken fuhren einige der 56 Personen mit, um bei der Gedenkstättenfahrt des Städtepartnerschaftsvereins Rheine von dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte mehr zu erfahren. Unter ihnen waren neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern auch Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen Schulen und der Josef-Piper-Schule.

Nach einer längeren Busfahrt, dem Empfang durch den stellvertretenden Bürgermeister unserer Partnerstadt Bernburg Paul Koller und einer kurzen Führung über den Schlossberg, ging es in die Euthanasie-Gedenkstätte. Auf dem Gelände des heutigen Fachklinikums Bernburg befand sich ab 1940 eine der sechs zentralen „Euthanasie“-Anstalten, in denen Menschen mit Kohlenmonoxid-Gas ermordet wurden. Mehr als 14.000 kranke und behinderte Menschen sowie Häftlinge aus verschiedenen Konzentrationslagern wurden allein in Bernburg Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen. Als man in der Gaskammer im Kellergewölbe stand, mit dem Wissen, dass hier so viele Menschen ein qualvolles Ende fanden, wurde einem ganz mulmig. „Es ist erschreckend, wie effizient und zielstrebig getötet wurde. Das Danze kommt einen typisch deutsch vor“, sagte einer der Teilnehmer der Gedenkstättenfahrt.

Ein besonderes Erlebnis war es auch für Roswitha Lührs. Als sie während des Vortrags durch die Leiterin der Gedenkstätte, Frau Dr. Ute Hoffmann, auf einer Karte sah, auf der Bernburg und der Ort Bedburg in Nordrhein-Westfalen verbunden waren, wurde sie hellhörig: Das letzte Lebenszeichen ihres jüdischen Großvaters, Iwan Hess (Jahrgang 1893), kam 1940 aus der Klinik Bedburg. Seitdem verloren sich die Spuren. „Ich habe eine neue Spur. Vielleicht lässt sich das Schicksal meines Großvaters durch die Hilfe der Gedenkstätte klären.“

Eine weitere Teilnehmerin der Gedenkstättenfahrt äußerte sich später so: „Wenn man das vor Ort sieht, ist es beeindruckend, bedrückend und verwirrend.“ Auch die Schülerinnen und Schüler wie etwa Christopher Reinatz von der Josef-Piper-Schule waren betroffen: „Wir im heilerzieherischen Bereich haben uns darauf vorbereitet, da wir ja später mit Menschen mit Behinderung zusammenarbeiten. Daher ist die Aufarbeitung und die Weiterführung des Gedenkens sowie die Sensibilisierung junger Menschen ganz wichtig.“