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Auf der Flucht vor dem Krieg ein Zwischenstopp in Rheine

54 Menschen aus der Ostukraine im Gertrudenstift untergebracht und mit Nahrung und Hilfsmitteln versorgt

RHEINE/LEIRIA. Tagelang waren sie unterwegs gewesen, um aus der Ostukraine das 1300 Kilometer entfernt liegende Ziel Warschau zu erreichen. 54 Flüchtlinge aus der Ukraine, die eines gemeinsam hatten: Sie haben Verwandte, die in Leiria wohnen. Und die in Rheines Partnerstadt lebenden Ukrainer hatten die Flucht für ihre Angehörigen und Verwandten gemeinsam mit der Stadtverwaltung Leirias organisiert. In der Nacht vom vergangenen Samstag auf den Sonntag war Rheine das erste Zwischenziel. Und die meisten von ihnen verbrachten die Nacht erstmals seit vielen Tagen wieder in einem warmen Bett – bevor es gestern bereits um 7.30 Uhr weiter ging Richtung Bordeaux.

In einer gemeinsamen Kraftanstrengung hatten der Städtepartnerschaftsverein und die Stadt Rheine die Versorgung der Flüchtlinge in Rheine organisiert, nachdem die Partnerstadt Leiria am vergangenen Mittwoch um Hilfe und die Möglichkeit eines Zwischenstopps in Rheine gebeten hatte. Die jüngsten Flüchtlinge waren zwei Babys im Alter von zwei Monaten, die älteste in der Gruppe eine 76-jährige Frau. Die Gruppe bestand ausschließlich aus Frauen und Kindern, denn die Ehemänner, Väter, Söhne, Freunde mussten in der Ukraine bleiben, um in der Armee gegen Putins Kriegsheer zu kämpfen.

Dankbar ist man beim Städtepartnerschaftsverein, dass das Gertrudenstift sofort die Zimmer in seinem Seminargebäude zur Verfügung stellte. Auch die Verpflegung der Gruppe wurde von den Mitarbeitern des Gertrudenstifts organisiert. Der Städtepartnerschaftsverein packte für die Flüchtlinge individuelle Taschen: Proviant für die Weiterreise, Hygieneartikel, Getränke, Handtücher, Malbücher und Buntstifte für die die Kinder waren einige der Utensilien, die man den Ukrainern gestern mit auf den Weg gab.

Nach dem Frühstück ging es für die Flüchtlinge auf die Weiterfahrt nach Frankreich und schließlich nach Leiria.

Den Kriegsflüchtlingen waren nach elfstündiger Fahrt von Warschau bis Rheine bei ihrer Ankunft am Samstag gegen 22 Uhr die tagelangen Strapazen anzusehen. Völlig verängstigte Kinder, müde und erschöpfte Erwachsene wollten nur noch eins: Ruhe! Und die Nacht im Gertrudenstift hat allen gut getan, das sagten die Ukrainer beim Frühstück. In manchem Gesicht war der Anflug eines Lächelns zu sehen, bevor der Blick wieder in die Ferne schweifte.

Adelina ist mit zwei Monaten die Jüngste und den Kriegsopfern. Schon früh im Leben muss sie so viel Leid ertragen.

Etwa 3300 Kilometer mussten die Helfer aus Trakai mit ihrem Reisebus zurücklegen, bevor sie am Freitag Warschau erreichten. Drei Berufsfeuerwehrleute, die für diesen Einsatz Urlaub genommen hatten, und zwei Fahrer hatten sich auf den Weg gemacht. Sie berichteten von verstörenden Szenen in Warschau. Flüchtlinge hätten jeden ankommenden Bus regelrecht gestürmt. Und es dauerte einige Zeit, bis die Gruppe für Leiria sich gefunden hatte.

„Spasiva“ hörten die Rheinenser gestern mehrfach, als die Gruppe gestern um 7.30 Uhr wieder den Bus bestieg. Und es flossen auch Tränen der Rührung. Wo die Worte fehlten, da drückte eine Umarmung die Dankbarkeit für die Hilfe aus. Eine Hilfe, die von allen Beteiligten – die nun indirekt erstmals mit dem Kriegsgeschehen in Kontakt kamen – als Selbstverständlichkeit empfunden wurde.

„Es tut mir so leid, Ihnen allen in Rheine diese zusätzliche Arbeit zu machen. Aber in schweren Zeiten erinnern wir uns zuerst an die Freunde, von denen wir wissen, dass wir uns darauf verlassen können“, hatte Silvia Carreira, Mitarbeiterin von Leirias Bürgermeister Goncalo Lopes, am Freitag in einer Mail an den Städtepartnerschaftsverein Rheine geschrieben. Dort sieht man diese Hilfe als positives Beispiel dafür, wie europäische Netzwerke von Partnern schnell und effektiv helfen können. „Freunde helfen Freunden“ heißt die Spendenaktion, die der Städtepartnerschaftsvereins bereits vor eineinhalb Wochen startete. Mit dem Geld soll die litauische Partnerstadt Trakai dabei unterstützt werden, Hilfen für ihre ukrainischen Partnerstädte Luzk und Iwano-Frankowsk zu organisieren. Ein erster Medikamententransport für das Militärkrankenhaus in Luzk konnte so bereits auf den Weg gebracht werden.

Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter des Gertrudenstiftes sowie die anderen Engagierten stellten sich zum Abschluss der Kamera.

Der Städtepartnerschaftsverein bedankt sich bei allen Spendern, die bislang die Aktion unterstützt haben. Er bittet gleichzeitig um weitere Spenden: IBAN  DE 65 4035 0005 0000 0642 53 bei der Stadtsparkasse Rheine, Stichwort Spendenaktion Ukraine.. Spendenquittungen werden auf Wunsch ausgestellt. Bitte Adresse angeben.

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