RHEINE/TRAKAI. Entsetzen, schlimme Befürchtungen – und dann auch schon die Vorbereitung zur Aufnahme der Flüchtlinge, die wohl aus der Ukraine kommen werden. In Rheines litauischer Partnerstadt Trakai hat der militärische Überfall auf die Ukraine schlimme Ängste ausgelöst. Dann der kleine baltische Staat erlangte erst im Jahr 1990 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion zurück. „Es war ein total unruhiger Tag. Diese Ereignisse haben uns ganz tief in unseren Herzen getroffen“, berichtet Evelina Sochiene, Mitarbeiterin des Bürgermeisters der Stadt Trakai. Bürgermeister Andrius Satevicius ergriff am Donnerstag die Initiative und stellte gemeinsam mit lokalen Unternehmen Wohnraum für die Kriegsflüchtlinge zur Verfügung, die ganz sicher aus der Ukraine kommen werden. Im Trakaier Krankenhaus werden 50 Betten für die Betreuung verletzter Flüchtlinge bereitgestellt.
Hilfe haben die Trakaier auch ihren beiden Partnerstädten in der Ukraine angeboten: „Wir haben uns mit unseren Partnerstädten Luzk und Iwano-Frankiwsk in Verbindung gesetzt und gefragt, wie wir helfen können, was wir tun können. Wir wissen, dass es eine sehr schwierige Situation ist. Wir haben Antworten bekommen mit einer Liste von Produkten, die benötigt werden. Wir kaufen auch schon einige Dinge ein. Wir haben auch eine Partnerschaft mit Koszalin in Polen und wir schnüren gemeinsam ein Paket, das wir in die Partnerstädte in der Ukraine schicken“, berichtet Evelina Sochiene weiter.
Es gibt sehr viele persönliche Verbindungen auch aus Trakai in die Ukraine. „Mein Mann hat zum Beispiel Familie dort. Wir haben heute sehr viel telefoniert“, schildert die Trakaierin. „Aber ich weiß auch nicht, wie es weiter geht. Eine Freundin von mir aus der Ukraine hat berichtet, dass militärische Kolonnen der Angreifer einfach nur durch die Städte und Dörfer rasen. Die sind also quasi schon da und das ist jetzt Russland“, schildert die junge Frau.
In Litauen schaut man schon seit vielen Jahren auf das Geschehen, das von Moskau und Weißrussland ausgeht. Im vergangenen Jahr zum Beispiel, als der weißrussische Diktator tausende Flüchtlinge aus dem Irak und Afrika als „Touristen“ nach Belarus transportierte – um sie dann gezielt an der 680 Kilometer langen gemeinsamen Grenze mit Litauen auszusetzen. Mehr als 5000 Menschen wurden in den Wäldern aufgegriffen. Litauen bat damals die EU um Hilfe.
Trakais Bürgermeister Andrevicius hat am Donnerstag die Trakaier zu einer Solidaritätskundgebung vor dem Kulturpalast ausgerufen. Zahlreiche Bürger aus Rheines Partnerstadt folgten dem Aufruf. In einem Appell an die Bevölkerung gab Satevicius aber auch den Rat, den Empfehlungen des litauischen Innenministeriums zu folgen. Die litauische Regierung hatte am Donnerstag den Ausnahmezustand ausgerufen, weil sie eine Bedrohung für die Interessen der nationalen Sicherheit des Landes gegeben sah. Im Klartext befürchtet die Regierung in Vilnius „hybride Angriffe und Provokationen jeglicher Art gegen Litauen, insbesondere an der Grenze, auf Anweisung der russischen und belarussischen Behörden“. An der Grenze kontrollieren die litauischen Sicherheitskräfte bis zum 10. März verstärkt alle Fahrzeuge.
Die Stadt Rheine und der Städtepartnerschaftsverein der Stadt bekundeten direkt ihre Solidarität mit den Menschen in Trakai. Ferner wurde aus Rheine jedwede Hilfe im Rahmen der Möglichkeiten angeboten. „Wir sind in Gedanken bei unseren Freunden in Trakai und hoffen, dass der Albtraum bald ein Ende hat“, sagte Reiner Wellmann, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins der Stadt Rheine..
Die Litauer sind jedoch hochgradig beunruhigt. „Das alles versetzt uns in Litauen natürlich in große Unruhe. Aber wir sind mutig. Drückt uns die Daumen, dass alles gut wird. Aber ich bin da pessimistisch“, sagte Evelina Sochiene abschließend.